Startseite | Kontakt | Über uns

Artikel / Berichte

Formatierung: Typ 4
Magic Karten Beobachtungsliste 
Torben Thies
25.09.2012
Wer kennt das Problem nicht: „Hey, willst du eine Partie Magic spielen?“ – „Sorry, ich habe kein Deck dabei.“
Die Version mit alternativem Ende lautet: „Hey, willst du eine Partie Magic spielen?“ – „Gern, ich habe mir gerade alle Karten für mein Standarddeck zusammengetauscht!“ – „Hm, Standard spiele ich aber nicht. Ich habe nur ein Commanderdeck dabei.“ Das Ergebnis ist in beiden Fällen das gleiche tragische – kein Magic. Um diesen nicht haltbaren Zustand ein Relikt vergangener, dunkler Zeiten zu machen, wurde Typ 4 erfunden. Oh, und um Cruel Ultimatum im ersten Zug spielen zu können. Interessiert?


Bis zur Unendlichkeit und— Reicht Unendlichkeit nicht?


Typ 4 hat, wie oben schon angedeutet, den unschlagbaren Vorteil, dass nur ein Spieler ein Deck zur Verfügung haben muss und seine(n) Gegner daran teilhaben lassen kann. Dieses Deck (es ist eher ein Stapel, nennen wir es also Stapel) besteht aus einer Anzahl an Karten im ungefähr dreistelligen Bereich (wie viele es genau sind, ist euch überlassen). Länder sucht ihr darin meist vergebens, obwohl die Sprüche alle fünf Farben abdecken und oft obszön teuer sind. Wie zur Hölle spielt man damit also? Der Schlüssel liegt in zwei Grundregeln, die den festen Kern des Wahnsinns bilden, der darum entfesselt wird:

1)
Alle Spieler haben jederzeit unendlich viel Mana jeder Farbe zur Verfügung.
2)
Jeder Spieler darf pro Zug nur einen Spruch spielen.

Diese beiden Abweichungen von normalem Magic verändern die Art und Weise, wie Spiele ablaufen, komplett und liefern die Basis für Duelle, die auf dem Level von Super-Saiyajin stattfinden. Wenn ihr euch einen Typ-4-Stapel bauen wollt, könnt ihr also die absurdesten Karten dort hineinstecken. Nicol Bolas, Planeswalker? Kein Problem! Reya Dawnbringer als Unterstüzung? Klar, warum nicht! Elderscale Wurm zur Abrundung? Ich mag, wie du denkst! Spiele in Typ 4 sind Schlachten, die von Großkalibern entschieden werden. Das Absurde und Unfaire ist Alltag in diesem Format. Weil eh schon alles außer Kontrolle gerät, spielen die meisten Leute Typ 4 mit nur fünf statt sieben Handkarten, was ich persönlich absolut vernünftig finde. Diese Regel ist allerdings optional und kann auch weggelassen werden.

Ich gebe euch einen Moment Zeit, um euer explodiertes Gehirn wieder vom Boden aufzuwischen, bevor ich weitermache. Wieder gesammelt? Dann weiter!


Für den Planeswalker, der alles hat


Der Trick dabei, einen wirklich guten Typ-4-Stapel zu erstellen, liegt darin, ihn trotz des inhärenten Wahnwitzes ausbalanciert zu gestalten. Ihr wollt also die Unfairness fair gestalten. Dazu solltet ihr darauf achten, keine Karten zu benutzen, die das Spiel sofort beenden. Ein gutes Beispiel hierfür sind Fireball, Volcanic Geyser und ähnliche X-Sprüche, denn im ersten Zug unausweichlich zu verlieren, macht auch in diesem Format nicht besonders viel Spaß. Selbst bei Kreaturen müsst ihr aufpassen. Oona, Queen of the Fae oder auch Shivan Hellkite sind zwar süße Kuchen, aber in Typ 4 auch eine Lüge. Über Grenzfälle wie Primordial Hydra oder Azorius Guildmage, die zwar nicht sofort gewinnen, aber dem Spiel eine extrem enge Schlinge um den Hals legen, müsst ihr selbst urteilen.

Die Anzahl der Gelegenheiten für solche Karten, zu den Reitern der Apokalypse zu werden, steigt und fällt nämlich mit der Anzahl an Antworten, die ihr eurem Stapel gönnt. Ein kleiner Tipp: Sie sollte nicht zu knapp bemessen sein, um das Spiel dynamischer zu gestalten. Neutralisierungszauber wie Cancel und Kreaturenzerstörer, die von Murder bis Planar Cleansing reichen, geben der ganzen Sache strategische Tiefe, die ihr auch in einem absichtlich irre gestaltetem Format nicht missen wollt, glaubt mir. Klar, Murder und Cancel sind nicht so beeindruckend wie Nicol Bolas, das sehe ich ein. Solche Sprüche sind aber der Klebstoff, der euren Stapel zusammenhält und im Hintergrund dafür sorgt, dass alles flüssig läuft (Flüssigklebstoff also). Je nachdem wie eure Kartenzusammensetzung aussieht, solltet ihr außerdem darüber nachdenken, spezifischere Problemlösungen anzubieten. Naturalize und seine Freunde werden ebenfalls oft gebraucht.


Experimentiert!


Sobald ihr einen Stapel gebaut habt, könnt ihn auf alle erdenklichen Arten und Weisen einsetzen. Ihr könnt eine Mehrspielerrunde damit spielen, in der alle von einer Bibliothek ziehen. Ihr könnt ihn in kleine Teilbibliotheken einteilen. Ihr könnt sogar zufällige Booster daraus bauen und den Stapel verdraften. Ihr könnt … alles damit anstellen, was euch in den Sinn kommt. Eurer Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Wie so oft bei Magic gilt auch hier: Was Spaß macht, ist richtig.

Eine schöne Eigenschaft von Typ 4 ist auch, dass ihr keine bestimmten Karten braucht, um loszulegen. In meinen Beispielen eben habe ich zwar Namen genannt, was aber lediglich dazu dienen sollte, euch die verschiedenen Kartenkategorien bildhaft darzustellen. Scheut euch also nicht, euch einfach mal einen Stapel aus Karten, die ihr gerade übrig habt, zusammenzustellen und damit loszulegen. (Manche Spieler machen genau das mit gerade geöffneten Boostern und nennen das Ganze dann DC-10.) Spätestens beim Spielen werdet ihr merken, was klappt und was nicht. Ich selbst habe mir durch diesen Artikel meinen Mund wässrig geschrieben und stelle mir gerade einen Stapel zusammen, den ich plane, durch praktische Erfahrung in den nächsten Wochen und Monaten immer weiter zu verfeinern. Und eines sage ich euch: Allein schon beim Zusammenstellen kreisen mir die Möglichkeiten durch den Kopf. Worauf wartet ihr also?