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Artikel / Berichte

Dragon's Maze Draft
Magic Karten Beobachtungsliste 
Henning Kurella
17.05.2013
Heute werde ich mich zum ersten Mal trauen, über Draft zu schreiben …
Ich hatte bisher immer den Eindruck, als wäre ich in dieser Disziplin kein guter Spieler, doch hat mir Dragon's Maze ein gesundes Selbstbewusstsein verschafft, sodass ich heute mit euch ein bisschen über diese spezielle Edition und über Drafts im Allgemeinen reden möchte. Mittlerweile stehe ich mit dem Prerelease und drei Drafts in Matches insgesamt 12:4, also denke ich, hier und da was vom Format verstanden zu haben.


Da dies mein erster Artikel über Draft ist, möchte ich aber noch ein bisschen zu dem Grundlegenden erzählen. Boosterdraft ist ein spezielles Limitedformat. Folglich ist es nicht nötig, Karten zum Ort des Geschehens mitzubringen, sondern man bezahlt einen Eintrittspreis in dem drei Booster enthalten sind. Ein Draft wird gewöhnlich mit acht Personen gespielt, dennoch finden gerade beim Friday Night Magic auch oft Drafts mit mehr Spielern statt. Sobald alles bereit ist, öffnet man den ersten Booster, entscheidet sich für eine der Karten und nimmt diese an sich. Daraufhin wird der Booster nach links weitergegeben und man erhält den geöffneten Booster des rechten Nebenmanns. So leert man nun die ersten Booster mit vereinten Kräften und sammelt sich ein Deck zusammen, welches ein Thema in möglichst wenig Farben verfolgen soll. Welche Themen und Farben sinnvoll sind, gibt der aktuelle Kartenpool indirekt vor. Als Nächstes öffnet man den zweiten Booster, entscheidet sich wieder für eine Karte und gibt den Booster nach rechts. So geht es weiter, bis man schließlich auch den dritten Booster geleert hat, der wieder nach links weitergegeben wird. Daraus ergeben sich natürlich auch viele taktische Aspekte. Torben Thies hatte zu den Grundlagen schon einen sehr guten Artikel geschrieben, den ihr vielleicht noch verschlingen wollt, bevor es hier weiter geht.

Heutzutage ist es nun so, dass der erste Booster Dragon's Maze, der zweite Gatecrash und der dritte Return to Ravnica ist. Das führt zu einem heillosen Chaos in den Drafts kann ich euch sagen. Und das macht das aktuelle Format so unglaublich interessant: Die zehn Gilden haben zehn verschiedene Themen, welche sich untereinander beliebig kombinieren lassen. Wichtig ist, diese Themen zunächst zu identifizieren, was nicht so unglaublich leicht ist, wie es auf den ersten Blick scheint.


Azorius () ist die Gilde der Flieger und des Inhaftierens (Azorius Arrester). Azorius möchte schnell auf den Punkt kommen und ein Rennen gewinnen. Legt der Gegner dicke Brocken, werden diese einfach inhaftiert.


Boros () ist die Gilde der Stärke durch Masse: Battalion springt erst an, wenn mindestens drei Angreifer bereit stehen (Wojek Halberdiers). Auch Boros möchte ein Rennen gewinnen und verlässt sich auf das „Gemeinsam sind wir stark“-Prinzip.


Dimir () ist die Gilde der Spione und Diebe. Entsprechend wird hier auf Ausweichmanöver (Flugfähigkeit, Unblockbarkeit) geachtet. Dimir scheut die offene Konfrontation. Außerdem spielt Dimir gerne mit dem Mühlplan. Während der Gegner gefesselt und sabotiert wird, leeren Zauber und Effekte die gegnerische Bibliothek, bis der Kartentod eintritt. Dimir-Zaubersprüche können oft chiffriert werden (Call of the Nightwing).


Golgari () ist eine Gilde der Totengräber; sie verbessern ihre Kreaturen mit den Überresten aus dem Friedhof. Es dauert eine Weile, bis sich die Siegertypen in diesem Deck zusammengesetzt haben, aber die Zeit ist es oft wert. Die Gildenfähigkeit ist Ausplündern (Dreg Mangler).


Gruul () ist ein Grenzgänger aus aggressiven Taktiken und großen Kreaturen. Obwohl es sich anbietet, dicke Brocken in einem Gruul-Deck zu versammeln, ist es auch nicht schlecht, hier günstige Kreaturen parat zu haben, denn die Gildenfähigkeit Blutrausch (Slaughterhorn) verlangt nach vielen, frühen Angriffen. Gruul möchte ein Rennen um Lebenspunkte starten und mit geschickten Kampftricks gewinnen. Die richtig großen Gruul-Kreaturen verlangen nach einem Manabeschleunigungsplan, der nicht mehr viel von der Gildenfähigkeit profitiert.


Izzet () ist die Gilde der verrückten Magier und verlangt ein geringfügig langsameres Spielkonzept. Die Sprüche der Izzet führen manchmal zu Kartenvorteil, können aber auch explosiv viel Schaden austeilen. Izzet profitiert eher von langen Spielen, da sie Zauber mit der teuren Überlast-Fähigkeit wirken wollen (Street Spasm).


Orzhov () ist die Gilde der Halsabschneider und verirrten Gläubigen. Hier und da finden sich gefallene Engel und korrumpierte Priester und die Gildenfähigkeit heißt Abnötigen (Syndic of Tithes). Orzhov lässt sich aggressiv, aber auch auf defensiv ausrichten und ist in fast jedem Deck gerne gesehen.


Rakdos () ist die Gilde der Wahnsinnigen und Blutrünstigen. In Rakdos gibt es keinen Verteidigungsplan. Die Gildenfähigkeit ist Entfesseln (Gore-House Chainwalker) und so ist es mit Rakdos immer eine gute Idee, ein Wettrennen um die Lebenspunkte zu eröffnen. Anders als manch andere Gilde scheut sich Rakdos aber nicht vor dem Kampf mit wenigen Männern.


Selesnya () ist die Gilde des Wachstums und der Erneuerung. Sie ist von allen Gilden wahrscheinlich diejenige, die am meisten von langen Spielen profitiert, da sich Selesnya auf die Vermehrung von Spielsteinen spezialisiert hat. Mit Bevölkern als Gildenfähigkeit ist es nötig, möglichst große Spielsteine aufs Feld zu bringen die dann im Folgenden kopiert werden (Druid's Deliverance).


Simic () bringt ebenfalls ein eher langsames Spielkonzept mit, das sich je nach Deck aber auch überraschend schnell entfalten kann. Mit Weiterentwicklung als Gildenfähigkeit ist es das Ziel der Simic-Magier, nach und nach immer größere Kreaturen auszuspielen, von denen die kleineren dann ihren Teil lernen können. Dauern die Spiele mit Simic länger, werden selbst aus den kleinsten Kreaturen der ersten Züge (Cloudfin Raptor) echte Killer.

Das gesagt kommen einem viele Ideen, die Gilden untereinander zu verknüpfen, und es gibt viel Raum zur Spekulation, welche Gilden gut miteinander harmonieren. Das ist storytechnisch äußerst interessant, für den Sieg beim FNM allerdings ein wenig irreführend. Auch wenn die Gilden in den vorhergehenden Editionen einen eigenen Spielplan mitbrachten, ist mit Dragon's Maze jetzt ein wenig mehr Chaos angesagt, welches man als Spieler zu bändigen hat. Ein Beispiel: Simic ist für gewöhnlich eher langsam und auf Evolve angewiesen. In Kombination mit Azorius kann man Simic aber plötzlich in den Fliegerspielplan einbringen, zum Beispiel mit Drakewing Krasis oder Elusive Krasis.

Dragon's Maze ist für Limited eine starke Edition, sodass man auch mit den letzten Karten des ersten Boosters noch einige gute Sachen abgreifen kann. Dafür ist es umso schwieriger, die beste Karte in einem frischen Booster zu identifizieren. Ebenso schwierig wird es also auch, die Signale des Vordermanns richtig zu lesen. Wie schon Torben in seinem Artikel schrieb, ist das Senden von Signalen ein genauso wichtiger Teil wie das Lesen. Mit Dragon's Maze ist es aber nicht so einfach, Signale zu senden, wenn ziemlich viele gute Karten in den Boostern stecken.


Ein Beispiel: Letzten Montag öffnete ich beim Draft Vorel of the Hull Clade, Ascended Lawmage und Give // Take. Ich wette viele unter euch sehen hier einen einfachen First Pick: Ascended Lawmage! Oder? Seht ihr doch Vorel vorn? Ich habe zwei sehr gute Spieler gefragt und der eine meinte, dass Vorel ein super erster Pick ist, und der andere, dass ich mit dem Lawmage das richtige Signal setze, da ich so zwei gute Simic-Karten weitergebe, Azorius aber entferne. Ich dagegen hatte mich nach wirklich viel zu langer Überlegung für Give // Take entschieden und habe durch die Karte den Abend auch 3:0 gewonnen. Okay, durch die Karte und durch die anderen beiden Exemplare von Give // Take, die mir noch geschoben wurden … Ich entschied mich aber für Give // Take, weil der Lawmage mich sofort in die Fliegerschiene der Azorius drückt, während Vorel verlangt, sich auf Evolve oder zumindest Scavenge festzulegen, wohingegen Give // Take auch als Give noch immer eine sehr starke Karte ist und zur Not sogar ohne Blau in einem Deck gespielt werden kann. Wie ich mich beim nächsten Mal entscheiden würde? Wahrscheinlich würde ich den Lawmage nehmen, um das richtige Signal zu senden. Es gibt in Dragon's Maze nicht viele Möglichkeiten, den Nebenmann in eine gewisse Farbkombination zu bringen und daraus ein wenig zu profitieren. Das örtliche Monopol auf Weiß zu haben, ist sicher keine schlechte Idee.

Ihr seht nun also, was diese neue Edition so interessant macht. Versucht, mit euren ersten Picks eine Deckidee zu verfolgen, und achtet nicht so sehr auf die Farben, die ihr nehmt. Es ist vielleicht sinnvoll, eine oder bestenfalls schon zwei Farben auszuschließen, aber durch die wilden Gegensätze, die in den späteren beiden Boosterpackungen auf einen warten, kann man oft erst im dritten Pack mit Sicherheit sagen, welche Farben man spielt. Es ist eine Frage des Geschicks und natürlich auch der Nachbarpicks, wie viele Farben man hinterher spielt. Ich empfehle zwei Hauptfarben und einen Splash oder eine Nebenfarbe anzupeilen. Wer es gut in zwei Farben ohne Splash oder Nebenfarbe schafft, kann drei Kreuze machen und wird sicherlich im Turnier sehr gut abschneiden. Aber da in allen Editionen mit Runenschlüsseln, Rätselsteinen und Gildeneingängen sehr gutes Mana zur Verfügung steht, sind vier oder vielleicht sogar fünf Farben in Einzelfällen auch sehr stark.


Wieder ein Beispiel. Letztens hatte ich einen Ral Zarek in meinem ersten Booster und nahm in Dragon's Maze hauptsächlich Dimir-Karten. Grün schloss ich nach oben genanntem Prinzip aus und schwankte zwischen Grixis (Blau-Schwarz-Rot) und Esper (Weiß-Blau-Schwarz). Klar wollte ich Ral Zarek spielen, aber im Gatecrash-Booster wurde mir von meinem Nebenmann Obzedat, Ghost Council weitergereicht. Nun war also klar, dass ich Esper spielen sollte. Ich achtete im Folgenden darauf, auch ein wenig Manafixing für Rot zu bekommen, um Ral Zarek in mein Deck zu splashen, und vermurkste mir dadurch den gesamten Draft. Die ersten beiden Spiele verlor ich 1:2 gegen eher aggressive Decks. Während ich noch mit meiner Manabasis kämpfte, hatte der Gegner schon drei Kreaturen liegen.

Ich werde mich die nächsten Tage also ein wenig damit beschäftigen, Karten nach Deckideen zu sortieren. Es gibt viel zu tun!

Aber auch im Standard wird es nun spannend. Die neuen Karten verändern zusehends das Geschehen. Selesnya-Tokens könnten bald an die Spitzen der Turniere gelangen. Die ersten zwei Wochen nach Dragon's Maze war Midrange-Jund (Schwarz-Rot-Grün) vielleicht das beste Deck. Wie es weitergeht, werden wir sehen.

Bis dahin
Henning