Startseite | Kontakt | Über uns

Artikel / Berichte

Burn after Reading
Magic Karten Beobachtungsliste 
Michael Diezel
15.08.2013
Mir ist aufgefallen, dass ich schon seit Längerem nichts mehr über rote Karten geschrieben habe …
Das ist natürlich ein Unding und wie es der Zufall so will, habe ich auch gerade so lange mit einer M14-Karte herumgespielt, bis ein Deck herausgekommen ist:


Meine Leipziger Kollegen sind ja der Meinung, dieses Ding sei unspielbarer als unspielbar, und diese Herausforderung habe ich natürlich angenommen.

Pyromancer's Gauntlet ist offensichtlich eine typische Karte, um die herum man ein ganzes Deck aufbauen muss. Immerhin kostet das Artefakt zunächst beachtliche fünf Mana, um dann direkt … nichts zu machen. Dies ist bekanntermaßen der sichere Weg in den Ruin, es sei denn, der positive Effekt, den man in den folgenden Zügen generiert, ist dermaßen beeindruckend, dass man das wieder ausgleichen kann. Stellt sich also die Frage, kann Pyromancer's Gauntlet ein Spiel noch herumreißen?

Antwort: Ja – allerdings nicht immer. Insofern hat Team Leipzig also irgendwie Recht und Pyromancer's Gauntlet wird die Constructedwelt nicht aus den Angeln heben. Für den einen oder anderen kleineren Erfolg reicht es aber dann doch. Für die Freunde des gepflegten „Brand ins Gesicht“ deshalb hier zunächst eine Deckliste:


4 Chandra's Phoenix
4 Young Pyromancer

4 Chandra's Outrage
4 Chandra, Pyromaster
4 Searing Spear
4 Pillar of Flame
4 Geistflame
4 Pyromancer's Gauntlet
4 Flames of the Firebrand


4 Mutavault
18 Mountain
2 Hellion Crucible

Sideboard:

4 Skullcrack
4 Burning Earth
4 Curse of the Pierced Heart
3 Possibility Storm


Der Handschuh verlangt ganz eindeutig nach Brand und da stoßen wir auf erste Probleme. Die roten Burnsprüche sind nämlich momentan nicht gerade auf dem Zenit ihrer Leistungsfähigkeit. Searing Spear etwa als derjenige, der noch die meisten Constructedspiele gesehen hat, ist ein schlechteres Incinerate, was wiederum ein deutlich schlechterer Blitzschlag ist. Zugegeben, Lightning Bolt ist auch so ziemlich das Maximum, was möglich ist, aber zumindest annähernd in diese Dimensionen sollte es schon mal gehen, wenn man das Gesicht des Gegners als Dauerziel anvisiert.

Prinzipiell gilt, dass billiger Brand besser mit dem Gauntlet funktioniert als teurer und optimal natürlich alles ist, was mehr als einmal Zusatzschaden bekommt. Das geht auf zweierlei Wegen:

1)

Mehrere Ziele, da der Handschuh sich an diesen und nicht an der Schadensquelle orientiert. Das bedeutet zum Beispiel, dass Flames of the Firebrand im Idealfall nicht drei, sondern dreimal drei Schadenspunkte verursachen. Ähnlich funktioniert das Ganze mit Chandra's Outrage.

2)

Flashback. Selbst eine Karte mit überschaubaren Schadenspotenzial wie Geistflame wird langsam, aber sicher bedrohlich, wenn statt eins plus eins auf einmal drei plus drei Damage verballert werden.

„Brand ins Gesicht“ hat als Strategie leider einige Nachteile, wenigstens jedoch einen relevanten Vorteil: Man kann sich nur bedingt dagegen wehren. Abgesehen von Kontermagie und Witchbane Orb verhindert eigentlich nichts den direkten Schaden, wodurch man eine gewisse Beständigkeit erfährt. Die Nachteile ergeben sich aus den natürlichen Feinden, besonders Lifegain, der im Gegensatz zu den Brandsprüchen in diesen Tagen auf einem Allzeithoch schwebt. Danke, Thragtusk. Danke, Sphinx's Revelation.

Mit anderen, einfacheren Worten: Alles, was man mit viel Mühe und Not an den Gegner bringt, kann recht schnell mit nur wenigen Karten wieder egalisiert werden. Immerhin kann das wiederum mit Skullcrack zumindest theoretisch unterbunden werden. Das Problem dabei ist, dass Skullcrack ansonsten leider eher zu den ineffizienten Brandsprüchen zählt. Drei Schadenspunkte für zwei Mana sind zwar anständig, nicht auf Männer ballern zu können, allerdings weniger. Denn, der eigene Plan ändert sich ein wenig, falls der Gegner selbst offensiv zu Werke geht. Hier sind die eigenen Bemühungen nämlich nie und nimmer schnell genug, um die Kreaturen ignorieren zu können. Stattdessen fällt man in die Rolle des Kreaturenzerstörers und vernichtet einfach alles, was sich so auf dem Spielfeld einfindet. Natürlich fehlt dann irgendwie der Brand, den man ins Gesicht ballern kann. An dieser Stelle kommen nun unsere kleinen, aber feinen Kartenvorteilsmaschinen zum Einsatz:

Flashback
Young Pyromancer
Chandra's Phoenix
Chandra, Pyromaster
Mutavault, Hellion Crucible

Ich hoffe, ihr seht jetzt, wo das Problem mit Skullcrack liegt. Überhaupt verfällt man erstaunlich oft in das hier angedeutete Spiel aus „Schieß auf alles, was sich bewegt“, während man Chandra, Young Pyromancer oder eben den Gauntlet in Position bringt. Von Vorteil ist dabei, dass einige Karten des Gegners kaum sinnvoll eingesetzt werden können. Bestes Beispiel ist natürlich feindliche Kreaturenvernichtung wie Doom Blade. Natürlich holt man damit mal einen Phönix vom Himmel oder zerstört einen jungen Pyromagier, aber normalerweise bleiben sie dann nicht tot (Phönix) beziehungsweise haben das eine oder andere Elementarwesen zurückgelassen (Pyromancer).

Ein weiterer Grund, dieses Deck ernster zu nehmen, als man denkt, befindet sich im Sideboard und mischt sowieso gerade die Standardszene auf:


Diese Verzauberung kann einige Decks im Alleingang kaputtmachen. Da sich jedoch viele inzwischen auf das Vorhandensein der Karte eingestellt haben, traue ich mich nicht so richtig, sie ins Maindeck zu werfen. Denn, wenn sie schlecht ist, ist sie richtig schlecht und das kann sich ein solches rotes Deck kaum leisten.

Überhaupt ist das Sideboard so stark wie selten für ein rotes Deck. Nehmt nur einmal diese Karte:


Auf den ersten Blick die übliche seltsame rote Verzauberung, die man immer zerknüllen möchte, wenn sie den Booster bevölkert. Gibt es traditionell eigentlich in jeder Edition. Wenn man sich die Mühe macht, tatsächlich einmal zu lesen, was eigentlich passiert, kommen manchmal überraschende Dinge zum Vorschein. In diesem Fall zum Beispiel wird dafür gesorgt, dass keine Sphinx's Revelation mehr gespielt werden kann. Zumindest nicht für mehr als null. Auch Gegenzauberei wird merklich unzuverlässiger. Insofern muss es das Ziel gegen diese Art blauer Decks sein, Possibility Storm auf den Tisch zu bekommen. Das wiederum klappt am besten, wenn man eine Bedrohung auf den Tisch legt, die den Gegner dazu zwingt, sich auszutappen. Hier kommt direkt die nächste Verzauberung ins Spiel:


Dieser eine Schadenspunkt pro Zug mag nicht nach viel aussehen, gerade in Kombination mit anderen Bränden jedoch wirkt er schnell beängstigend. Zumal ja mit Skullcrack potenzielle Revelations eingeschränkt werden. Ein Teufelskreis, zu unserem Glück für den Gegner.

Ihr seht also, relevante Sideboardkarten verbessern das Deck ungemein, zumindest gegen defensive Gegner. Steht ihr hingegen Aggromagiern gegenüber, würde ich prinzipiell Boros Reckoner empfehlen. Die habe ich aktuell aus der Liste verbannt, weil mein selbst auferlegtes Budget schon für die Chandras draufgegangen ist (die Mutavaults hatte ich euch ja schon vor zwei Wochen ans Herz gelegt). Steht ihr nicht vor solchen Beschränkungen, ist der Reckoner offensichtlich die Karte, mit der alle roten Decks ungemeine Probleme haben. Die andere ist übrigens Thundermaw Hellkite, da der unglaublich fett zuschlägt und nur wenig elegant wieder zerstört werden kann. Da dessen Karriereende im Standardformat aber wirklich abzusehen ist, habe ich den ebenfalls bewusst ausgeklammert.

Gehen wir stattdessen einfach mal ein paar wichtige Spielsituationen durch:

Zug 1: Mountain oder Mutavault?

Prinzipiell gilt, dass man immer dann Mutavault legen möchte, wenn man nicht zwingend das rote Mana benötigt. Dieses wiederum ist im Normalfall dann der Fall, wenn der Gegner mit einer gefährlichen Erstrundenkreatur startet beziehungsweise starten könnte. Zu diesen gehören Manaproduzenten (Elvish Mystic, Arbor Elf …), aber auch potenziell wachsende Dudes (Champion of the Parish, Experiment One, Stromkirk Noble). Der Vorteil am Legen von Mutavault liegt natürlich darin, dass es auf diese Weise schon im zweiten Zug angreifen kann. Abgesehen von Young Pyromancer spielen wir nämlich keinen vom Gegner unabhängigen 2-Drop, sodass dies erstaunlich oft das gewünschte Play darstellt. Ausnahmen bilden genau diese beiden, schon angesprochenen Fälle: Feindliche Aktionen, die unserer Brände bedürfen, oder Young Pyromancer. Hat man den Pyromagier auf der Hand, gibt es somit direkt das nächste Argument für Mountain>Mutavault.

Zug 2: Young Pyromancer oder was?

Ganz ähnlich muss man sich auch in den folgenden Zügen immer wieder fragen, ob das, was der Gegner gerade tut, einer direkten Antwort bedarf – mit der Betonung auf direkt. Falls nicht, empfehle ich, die eigene Seite auszubauen. Die ganzen Brandsprüche sind – wie schon mehrfach angedeutet – nur schwer zu verhindern, was bedeutet, im Normalfall bekommen wir sie auch noch später ins Ziel. Kreaturen hingegen machen logischerweise immer mehr Schaden, wenn sie mehr Angriffe zur Verfügung haben. Ein weiterer Vorteil des späten Brands liegt darin, dass sich besser einschätzen lässt, welche Kreaturen des Gegners man wie beantworten kann (und ob man sie überhaupt beantworten muss). Karten wie Chandra oder Flames beinhalten die Möglichkeit, dass man gerade Kreaturen mit wenig Widerstandskraft quasi nebenbei umballert. Insofern sollte man also Searing Spear und Kollegen so gut wie möglich bei entsprechenden Zielen zurückhalten. Ein letztes Argument fürs Warten ist Pyromancer's Gauntlet selbst. Mit diesem werden alle Burnsprüche unendlich aufgewertet, es wäre also gut, wenn man an dieser Stelle des Spiels noch welche auf der Hand hat.

Zug 5: Chandra, Pyromaster +1 oder +0?

Während es klar sein sollte, dass man beim Legen von Chandra in Zug 4 immer die erste Fähigkeit aktiviert, sieht das ab dem Folgezug schon anders aus. Selbstverständlich wird oft das genaue Spielgeschehen unser Verhalten vorgeben, wenn etwa beim Gegner passende Ziele für den Schadenspunkt liegen oder man gerade Pyromancer's Gauntlet gespielt hat. Ansonsten dürfte +0 sehr oft die richtige Entscheidung sein – denkt nur immer daran, die Fähigkeit erst zu benutzen und dann ein Land zu legen. Im Idealfall eins, das ihr so aufgedeckt habt. Trotzdem solltet ihr immer im Auge behalten, dass Chandras Ultimate durchaus beachtlich und verblüffend schnell erreicht ist. Sollte der Gegner also mithilfe eurer Handkarten schon einige Lebenspunkte eingebüßt haben, ist dreimal Plus, gefolgt vom Ultimate fast immer der sichere Finishing Move.

Somit kommen wir zu folgenden Faustregeln:

Brandsprüche so lange zurückhalten wie möglich.
Niemals Chandra's Phoenix im eigenen Friedhof vergessen.
Jeden Gratis-Schadenspunkt mitnehmen, der sich anbietet. Gratis meint in diesem Fall, ohne eine Karte ausgeben zu müssen.

Wenn ihr all das beherzigt, werdet ihr in den Genuss eines durchaus kompetitiven Decks kommen, dessen Stärke momentan noch ein wenig durch fehlende passende Brandsprüche gemindert wird. Da der Kern auch nach der Rotation im Herbst erhalten bleibt, empfehle ich Theros doch einmal genau nach roten Karten zu durchforsten.

Bis dahin könnt ihr euch ja schon mal im aktuellen Format und der darin verborgenen Herausforderung üben!

Viel Freude dabei,
Der MiDi